Kampnagel: Mit Hajusom ins neue Musiktheater
Zehn Jahre ist es her, dass aus der Theaterarbeit mit minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen die Performancegruppe Hajusom erwuchs. Nun zeigt diese mit ihrer neuen Produktion "Back up Story" auf Kampnagel, das sie sich immer mehr weg vom Dokumentar- und stilsicher hin zum Tanztheater entwickelt hat. Der Abend beginnt dort, wo die West Side Story normalerweise aufhört: Eine Gruppe quirliger und selbstbewusster Tänzer und Sängerinnen - gecastet aus der Dritten Welt - tourt mit diesem Musical durch die Lande und genießt den Erfolg. Nur dass der Manager in die eigene Tasche wirtschaftet und alle bald im Gefängnis landen, war nicht vorgesehen. Im Moment tiefer Verlassenheit und großer Not begibt sich das Ensemble auf die Suche nach der Weltformel und reist aller Mauern entledigt durch die Dimensionen. Denn: Das, was wir kennen und was uns täglich umgibt, ist begrenzt und voraussehbar. Was wir nicht kennen, ist dagegen unendlich und ist womöglich der Ort der Freiheit.
Als echter Coup hat sich für Hajusom die Zusammenarbeit mit dem finnischen Multiinstrumentalisten Jimi Tenor erwiesen, der die Songs der verschiedenen Hajusom-Mitglieder vertonte und höchstpersönlich mit seiner fabelhaften Band Kabu Kabu im Hintergrund ackert. Sein mit soliden Brazz-Anleihen getränkter Jazz erdet das Spiel, belebt die furiosen Tanzeinlagen und verstärkt die zuweilen stimmlich beeindruckend souligen Songs des Ensembles noch einmal und verleiht ihnen eine anhaltende Intensität. Gesamtprädikat daher: unbedingt sehenswert.