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Die Welt - 20.05.2005

Jugendtheater mit Botschaft: Sehnsucht nach Frieden

 

Kaum haben die Zuschauer gedacht: Die im Dunkeln sieht man nicht, da tritt aus dem dämmrigen Bühnenlicht auf

Kampnagel auch schon Bert Brecht nach vorn und begrüßt sehr wohlwollend das Publikum in der Lobby des nächst gelegenen Holiday Inn. Langsam trudeln die Gäste ein: Josefine Baker, Nelson Mandela, Max Beckmann oder Ulf Merbold, der zu erzählen weiß, daß die Erde vom Weltraum aus betrachtet, alles mögliche zeigt, nur keine Landesgrenzen. Womit wir gleich bei der Botschaft des Stückes angelangt wären: Es gibt nur eine Welt; nie gab es mehr als diese. Aus allen anderen Vorstellungen erwächst bald das Unheil.

Das uraufgeführte "Holiday Inn" ist die siebte Produktion des Theaterprojektes Hajusom der in Hamburg untergebrachten jugendlichen Flüchtlinge. Das Stück addiert sich aus locker aneinander gehängten, nicht chronologischen Spiel- und swingenden Tanzszenen. Der Bogen wird dabei weit geschlagen: von den Verfolgungen der Swing-Boys in der Nazi-Zeit über die Bürgerrechtsbewegung in den USA bis ins nicht minder undurchdringliche Heute.

Auf Requisiten und Bühneninventar wurde konsequent verzichtet. Wozu gibt es Schauspieler. Wird ein Radio benötigt, mimt einer die Antenne, zwei andere den Korpus und eine der Schauspielerinnen tippelt eine imaginäre Linie entlang, auf der der Sender eingestellt wird. Es ist der Minimalismus, der hilft, den naheliegenden Moralismus zu dämpfen und dahinter die Sehnsucht nach einer friedfertigen Welt sichtbar macht.

Gekonnt das Ensemblespiel der Truppe, sehenswert aber auch diverse Einzelleistungen: Da ist Shahab Kia als illustrer Karl Marx, der immer noch fest an das berechnete Ende des Kapitalismus glaubt und zugleich eine hinreißend sinnliche Tanznummer hinlegt. Da ist Evellene Ramata Neequaye als überraschend zickig-beleidigte Miriam Makeba oder Ismael Nabe als mürrischer Malcom X, der nicht recht weiß, ob ihn nun die Nation of Islam oder die CIA ermordet hat. Am Ende ist die Welt nicht unbedingt errettet. Doch was wir als Zuschauer mitnehmen, sind anhaltende Momente der Begegnung mit einer Schauspieltruppe, in der das Feuer nach einem sicheren Dasein jenseits der Fremde brennt.

Von FK

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Die Welt - 20.05.2055: Jugendtheater mit Botschaft