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„Horror der Ausbeutung“

MORGEN GRAUEN. Welche Monster kommen noch?

 

Autorin: Kathi Brinkhoff
kritik-gestalten.de, 13.03.2022

 

„Ich fühle mich manchmal menschlich-los. Mensch-lich-los.“

Am 11. und 12. März stellt das transnationale Theater-Ensemble Hajusom aus Hamburg ihre in Eigenregie geführte Sound-Video-Inszenierung MORGEN GRAUEN. Welche Monster kommen noch? im Theater im Pumpenhaus in Münster vor.

Im Wechsel zwischen Spiel, Tanz, Gesang und Projektionssequenzen werden verschiedenste Geschichten erzählt – vom Fremdsein in Mehrheitsgesellschaften, von Flucht, von ängstlichen Blicken mit Rassismus getränkt.

Durch die schaurig rohen Video-Projektionen von Mathis Menneking, experimentellen Sounds von Hamburger Musiker Viktor Marek und durch das aus knisternder, tiefschwarzer Plane bestehende Bühnenbild mit transparenter Leinwand werden individuelle Diskriminierungserfahrungen zu einer Art Horrorfilm, den das Publikum aus gemütlicher Entfernung betrachten darf.

Dabei in der Hauptrolle: Menschen mit und ohne Fluchthintergrund, die durch die Angst vor Bedrohung und Fremdheit von der Gesellschaft zu Monstern gemacht und entmenschlicht werden.

Je mehr Geschichten erzählt werden, je wütender und frustrierter das Erlebte poetisch geschildert wird, desto mehr wird das Bühnenbild durch Hand der Performer*innen abgebaut: Die Vorhänge sinken zu Boden, die transparente Leinwand bekommt Risse, Hände greifen aus ihnen heraus nach dem Publikum, bis schließlich jegliche Trennwand gefallen ist und nichts mehr vom Ursprungsbild übrigbleibt.

Das Bühnenbild ist eigentlich nur Requisite und es wird klar: Der Horrorfilm ist Realität.

MORGEN GRAUEN. gibt den Betroffenen eine Bühne. Es zeigt die Entwicklung von schmerzhaften Erfahrungen zu Widerstandsgeist und sagt dem Rassismus in unserer Gesellschaft resolut den Kampf an. Vor allem in Hinblick auf den Krieg in der Ukraine erinnert die Inszenierung daran, dass rassistische Diskriminierung besonders an den Landesgrenzen keinen Halt macht und genau dort bereits entschieden wird, wer europäisch genug ist und wer nicht.

Das Publikum jedenfalls bleibt nach längst abgeklungenem Applaus ungewöhnlich still.

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