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„Horror der Ausbeutung“

Ensemble Hajusom im Pumpenhaus
Collage über Ängste aller Art

 

Autor: Helmut Jasny
MZ, 12.03.2022

 

Es ist eine Art Wellness-Stimmung, die Dennis Ebhodaghe heraufbeschwört. Er liege entspannt in der Badewanne, erzählt er. Draußen regnet es, drinnen ist es warm. Aber dann hört er merkwürdige Geräusche, die immer lauter werden. Es beginnt zu rattern und zu poltern, bis sich plötzlich zwei Hände um seinen Hals legen und zudrücken. Die Musik wirkt jetzt bedrohlich, und auf der Leinwand hinter ihm sieht man, wie eine zerstörte Landschaft langsam im Meer versinkt.

Ängste aller Art sind das Thema von „Morgen Grauen. Welche Monster kommen noch?“ Die neue Produktion der Hamburger Performance-Gruppe Hajusom ist für Menschen ab 12 Jahren und war am Wochenende im Pumpenhaus zu sehen. Unter der künstlerischen Leitung von Josep Caballero García stehen neun junge Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne und geben diesen Ängsten Ausdruck. Das Publikum erlebt eine Collage aus Text, Tanz, Musik und Video, die vor allem durch starke Bilder überzeugt.

Viele aus dem Ensemble haben Fluchterfahrung, die in das Stück einfließt. Ein Schauspieler erzählt von seiner Heimat in Afrika, die von Ölkonzernen und der eigenen Regierung ausgebeutet wird. Als Widerstandskämpfer steht er in zerfetzten Kleidern auf der Bühne, um ihn herum die Leichname seiner Mitstreiter, die unter einer schwarzen Plane beerdigt werden wie unter einem riesigen Ölteppich. Ein anderer erzählt von der Hoffnung, die sich mit der Fluch verband. Er habe Wüste und Meer überwunden, um dann festzustellen, dass ihm in Europa nicht nur niemand braucht, sondern sich die Menschen zudem noch vor ihm fürchten.

Diese eher konkreten Ängste werden mit solchen in Beziehung gesetzt, deren Ursachen sich nicht ohne Weiteres orten lassen. Hier greift das Ensemble auf Versatzstücke aus Zombie- und Horrorfilmen zurück. Allerlei sinistre Gestalten treten auf und legen verborgene Ängste frei. Ein vielleicht zehn Jahre altes Mädchen gibt Anweisungen, wie man mithilfe eines Wasserkochers seine Feinde tötet, und wirkt dabei wie ein alter Voodoo-Zauberer. Am Ende lässt sich eine Darstellerin über deutsche Hochkultur und Bürokratie aus, während hinter ihr ein Bundesadler aus schwarzer Plastikplane bedrohlich von der Decke hängt.

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